Serbien, Rumänien und Bulgarien. Es heißt, der Automarkt ist ein Spiegel der lokalen Wirtschaft. Aber was bedeutet das in einer Gegend, in der nur jeder Zehnte ein Auto hat?
So geht das: Mittwoch Belgrad, Donnerstag Bukarest, Freitag Sofia. Sondieren nennen das die einen. Pendeln die anderen. Früher hieß das reisen. Der große Reiseschriftsteller Patrick Leigh Fermor brauchte für seinen Weg von Wien ans Eiserne Tor beinahe ein halbes Jahr. Das war 1934 und der Mann ging in der Hauptsache zu Fuß, weil es ihm die beste Art schien, Leute und Geschichte der Gegenden kennenzulernen.
Heute ist alles anders. Freitagabend einen Flug nach Wien kriegen zu wollen ist etwa so schwierig wie Weihnachten in der Karibik an eine aktuelle Kronen Zeitung zu kommen. Am Balkan ist Österreich eine Art Wirtschaftsmacht. In den Neo-EU-Ländern Bulgarien und Rumänien sind wir der größte Auslandsinvestor, aber auch Serbien, das hofft, bis 2014 zum Europa-Club zu gehören, wird bereits eifrig erschlossen.
Mittwoch, zehn Uhr Vormittag. Aus dem Flugzeug erkennt man Belgrad als eine Stadt am Zusammenfluss zweier Ströme. Die Donau der eine, die Save der andere. Wer gar nichts über die Stadt weiß, hat jetzt ein erstes Bild. Am Flughafen dann das zweite: Es ist nichts los hier, eine Aeroflot-Maschine steht am Terminal, sonst herrscht gespenstische Ruhe. Serbien ist ein isoliertes Land, und solange sich die politische Lage nicht stabilisiert, der Kosovo-Konflikt geklärt wird und Den Haag bekommt, was es will, wird sich daran nichts ändern.
Die Idee mit dem Balkan-Kurztrip kam aus Salzburg. Die Porsche Holding ist seit 1990 im ehemaligen Ostblock tätig, mit Ungarn machte sie den ersten Schritt, die Rumänien-Geschäfte starteten vor zehn Jahren, die Niederlassungen in Sofia und Belgrad gibt es seit 2004. Jetzt ist es Zeit, eine goldene Zwischenbilanz zu präsentieren (siehe Kasten Seite 111) und zu zeigen, womit man es in den Märkten eigentlich zu tun hat.
Mit rechtlich teilweise arg undurchsichtigen Situationen zum Beispiel, mit Immobilienpreisen, die über Nacht in den Himmel schießen, mit viel Bürokratie, aber auch mit einem gigantischen automobilen Nachholbedarf: Die 1,3 Millionen Fahrzeuge in Serbien etwa sind durchschnittlich 15 Jahre alt, in Rumänien haben ein Viertel der 1,5 Millionen Autos mehr als 20 Jahre am Buckel. Das bedeutet, es wird eine Lawine ins Rollen kommen, wenn die Leute erst einmal mehr Geld haben.
Und es geht schon los. Auf der Belgrader Automesse hat Porsche Beograd ADA, wie die Niederlassung in der Hauptstadt heißt, gerade 600 Audis, Porsches, VWs und Seats verkauft. Im Audi-Schauraum steht kein einziger Q7 mehr, und bei Porsche drüben sind sie froh, dass der Käufer seinen atlasgrauen Carrera erst Ende Mai abholen will, sie hätten sonst gar nichts herzuzeigen.
Natürlich gehen protzige Kisten gut. Es gibt immer Leute, die Geld haben, und vor allem die Bau- und Immobilienbranche wirft derzeit hohe Gewinne ab. Wie sauber die Geschäfte sind, danach fragt keiner. Der Audi Q7 jedenfalls ist derzeit ausverkauft, und seit Jänner sind ein Dutzend Porsches rausgegangen. Gerade eben wurde der Porsche Club Serbien gegründet, der allerdings nur jene als Mitglieder akzeptiert, die ihren Wagen bei Porsche direkt gekauft haben. 40 sind das mittlerweile.
Größere Stückzahlen machen natürlich VW und auch Seat (mit der spanischen Marke, die es bis vor zwei Jahren nicht gab in Serbien, läuft es sogar hervorragend). Das kommt, weil Porsche über die hauseigene Bank auch entsprechende Finanzierungsmöglichkeiten anbieten kann. Allerdings ändern sich die Gesetze dauernd. Vorigen Jänner wurde etwa ein neues Leasinggesetz erlassen, das besagt, dass Leasingraten nur mehr maximal ein Drittel des frei verfügbaren Nettoeinkommens ausmachen dürfen. Das ist eigentlich verrückt, denn bei einem offiziellen monatlichen Bruttolohn von durchschnittlich 300 Euro geht sich da praktisch gar nichts mehr aus. Aber die Regierung will so die Schattenwirtschaft ans Licht zwingen.
Beim vormittäglichen Treffen mit Milan Parivodic, dem amtierenden serbischen Wirtschaftsminister der national-konservativen Regierung Kostunica, sagte dieser stolz, dass in den letzten zwei Jahren über 200 Gesetze zur Stärkung der Wirtschaft erlassen wurden. Oft fällt auch das Wort Privatisierung, die sich im Fall von Zastava allerdings als harte Nuss erweist. Fiat ist an Bord, und GM soll kommen, aber der größte Teil des riesigen maroden Waffen- und Fahrzeug-Staatsbetriebs dümpelt tröge vor sich hin.
Der Jurist Parivodic, ein breitschultriger, muskulöser Mann im grauen Anzug, hat das überzeugte Auftreten eines Erfolgsmenschen, wenn er in perfektem Englisch von den Gästen Investitionen für sein Land fordert. Er verspricht dabei viel: Freihandelszonen, zehn Jahre ?tax-holiday?, reihenweise Privilegien. Serbien als Produktionsstandort, das ist der Deal. ?Handel bringt unserem Land nichts?, kommentiert er hingegen nüchtern die Misere, dass für einen Verkaufsbetrieb in Belgrad pro Quadratmeter 300 Euro Kommunalgebühren zu bezahlen seien.
Abends fahren wir ein Stück die Save flussaufwärts. Unter den fünf Brücken durch, die die renovierungsbedürftige Altstadt mit der schicken, aufstrebenden Neustadt verbinden. Der Verkehr kommt an den Brückennadelöhren täglich zum Erliegen. Die sechste Brücke der Stadt über die Donau bringt auch keine Erleichterung. Jetzt soll zu allem Überdruss auch noch eine der Save-Brücken renoviert werden, was für die nächsten Jahre bei der rasant steigenden Zahl an Autos ein heilloses Chaos verspricht. Und bis zum erhofften EU-Beitrittsjahr sind es nur noch sieben Jahre.
Donnerstag, Bukarest. Während ich noch dabei bin, die Informationsbrocken vom Vortag zu einem erinnerungstauglichen Bild zusammenzusetzen, sind schon die Hände der nächsten Empfangsdelegation zu schütteln. Rumänien war vor acht Jahren dort, wo Serbien heute ist, sagt Johannes Sieberer, der Osteuropa-Boss der Porsche Holding, um beim Zeitsprung zu helfen. Wir sind hier nicht nur eine reale Stunde in die Zukunft gereist, sondern Jahre.
Der Verkehr in Bukarest ist höllisch. Auf der Hauptschlagader vom Flughafen in die Stadt, einer Straße, die nicht breiter ist als eine Dorfstraße, schleicht die Kolonne Richtung Zentrum. Die flughafennahen Grundstücke sind bereits unbezahlbar, wenn man denn überhaupt noch eines ergattert. Von 2000 Euro pro Quadratmeter ist die Rede. Die Stadt will den unerschlossenen Süden von Bukarest durch einen Inlandsflughafen beleben. Noch kostet der Quadratmeter am anderen Ende der Stadt christliche 50 Euro. Bis der dringend benötigte Stadt-Autobahnring 2012 fertig sein wird, hat sich das vermutlich längst geändert.
Auf den ersten Blick macht Bukarest den Eindruck, Rumänien sei auf dem Weg in die EU schon weit gekommen. In der Hauptstadt gibt es Wohlstand, jeder hat Arbeit, jeder Zweite ein Auto, und dass der langsame Verwaltungsapparat mit dem schnellen Wachstum nicht mithalten kann, ist ein Problem, das auch Ballungszentren in Westeuropa kennen.
Aber Bukarest ist nicht Rumänien. Das Land ist arm. 40 Prozent der Bevölkerung leben laut UN-Statistik von weniger als drei Euro täglich, da ist an ein Auto nicht zu denken. Und so belegt das Land im europäischen Fahrzeugdichte-Ranking den traurigen vorletzten Platz vor Albanien: Auf 1000 Rumänen kommen nur 145 Autos (Serbien: 190; Bulgarien: 245; Österreich: 560), und für die brauchte man bisher nicht wirklich Autobahnen zu bauen.
Ein Versäumnis, das man jetzt im Eiltempo nachzuholen versucht. 2500 Kilometer Autobahn sollen in den nächsten sechs Jahren gebaut werden, 500.000 Arbeitskräfte werden dafür gebraucht, die aus Pakistan, China und den Philippinen kommen. Dabei wurde in diesem Plan eine absehbare Entwicklung nicht miteinberechnet: Bis vor fünf Monaten floss der Transitverkehr in die EU von der Türkei und Bulgarien weiter nach Serbien und Kroatien. Jetzt biegt der Strom hinter Sofia nach Rumänien ab, weil der Weg durch EU-Gebiet ohne Zollformalitäten abläuft. Das Problem: Über die Donau, die fast zur Gänze die Grenze zwischen Rumänien und Bulgarien ausmacht, gibt es nur eine einzige Brücke, und die liegt südlich von Bukarest, also in entgegengesetzter Richtung zum Transitstrom. Derzeit wursteln sich die Lkw-Kolonnen über kleine Straßen durchs Hinterland und setzen vom bulgarischen Vidin per Schiff nach Calafat über. 2010 wird es eine Brücke geben, einen Plan für eine Autobahnzufahrt gibt es auf keiner Seite.
Das Wirtschaftswachstum liegt momentan bei acht Prozent. Was sagt das über das Land am Schwarzen Meer? Dass du es weit bringen kannst, mit guter Ausbildung und entsprechendem Ehrgeiz. Die PR-Lady von Porsche etwa ist Ende zwanzig und hält nebenbei Vorlesungen an der Uni. Und Günter Seifert, einer der Geschäftsführer von Porsche Romania, musste kürzlich einer Mitarbeiterin nachgerade zur Kündigung raten, weil das Angebot, das sie von der Konkurrenz bekommen hatte, unverschämt gut bezahlt war. Den Abgängern aus der hauseigenen Lehrwerkstätte könne man generell nur schulterzuckend nachschauen, sagt wiederum der Ausbildungsleiter, weil eben andere mit ersparten Ausbildungskosten bessere Gehälter zahlen und in Rumänien wenig Rechte für Arbeitgeber existieren.
Bildung, das ist einer jener Bereiche, in dem auch Calin Popescu Tariceanu großen Nachholbedarf sieht. Und im Gesundheitswesen, in der Landwirtschaft und am Infrastruktur-Sektor. Während der Ministerpräsident in einer Tasse Tee mit Honig rührt, spricht er davon, dass der EU-Beitritt ein Riesenaufwand gewesen sei, es jetzt aber erst so richtig losgehe. Rumänien müsse in den nächsten zehn Jahren schneller wachsen als die anderen, was harte Arbeit, aber durchaus zu bewerkstelligen sei. Dazu müssen die drei Millionen Auslandsrumänen unbedingt wieder ins Land geholt werden, sagt er, die haben Geld und eine andere Sicht auf die Dinge. Tariceanu hat eine angenehm ruhige staatsmännische Art, und er redet Tacheles. Das macht ihn als Politiker sympathisch. Und dann erfährt man am Rande auch noch etwas über den Menschen: Beim Hinausgehen fragt einer der Besucher leise, ob man Tariceanus leichtes Hinken bemerkt hätte. Der Ministerpräsident habe vor einiger Zeit einen Unfall gehabt, und wissen Sie womit? Mit einer Harley!
Freitag. Im Flugzeug nach Sofia. Die Nacht war schlimm. Albträume. Verirrt im Ceausescu-Palast. 13 Stockwerke, vier unter, neun über der Erde. Über 3000 Zimmer. Eine Million Kubikmeter Marmor. Teppiche groß wie Fußballfelder. Eichentüren, deren Angeln das Gewicht nicht tragen können. Eine Architektur von unvorstellbarer Hässlichkeit. Und achtzehn Jahre nach dem Tod des grausamen Diktators bauen sie immer noch dran.
Der Geist quillt über, der Speicher ist längst voll, aber da nähern wir uns schon dem nächsten Land, der nächsten Stadt: Sofia. Herrlich einerseits die schneebedeckte Bergkulisse, schauderlich andererseits das giftige Stahlwerk am Stadtrand, das vor kurzem erst vom indischen Mittal-Konzern gekauft wurde. Aber wie soll es Umweltschutz geben, wenn es dem Land am Notwendigsten fehlt.
Auch Bulgarien gehört seit Anfang des Jahres zur EU, steht allerdings unter strenger Beobachtung, weil Gesetze hier oft das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt wurden. Richtlinien sind das eine (und die wurden tatsächlich den EU-Anforderungen angenähert), die Realität schaut aber anders aus. Bulgarien wird sich Mühe geben, schließlich stehen sechs Milliarden Euro Fördergelder auf dem Spiel.
Den Weg in die Stadt säumen endlose Gebrauchtwagen-Plätze. Bulgarien gilt zu Recht als eine gefürchtete Endstation für viele Fahrzeuge aus dem Westen, egal welchen Weg sie hierher genommen haben. Typenscheine kann man sich dem Vernehmen nach immer noch bei der Polizei kaufen, wenn die Gesetze endlich greifen, wird das jedoch nicht mehr so einfach sein.
Nicht alles aber, was man sich über Bulgarien erzählt, ist wahr. Das in westlichen Medien gestreute Gerücht etwa, der Staat habe 32 Porsche Cayenne als Ambulanz-Wagen gekauft, ist eine Ente, sagt Porsche Bulgaria. Cayennes würden wirklich eine schiefe Optik ergeben, aber der Ankauf von robusten SUVs für so einen Einsatz wäre durchaus nachvollziehbar. Die Straßen außerhalb Sofias sind in einem bemitleidenswerten Zustand. Seit kurzem wird deshalb eine jährliche Maut von 30 Euro von jedem eingehoben, der die Stadt verlässt. Ohne dass sich die Zahl der Schlaglöcher draußen jedoch dramatisch verringert hätte. Weshalb ein paar Ausgefuchste auf die Idee gekommen sind, nach Überlandunfällen Regressansprüche zu stellen. Seither stellt die Polizei erst einmal ungeschaut einen Strafzettel wegen Schnellfahrens aus, wenn einer im Graben liegt.
In der Werkstatt bei Porsche Iztok stehen viele Audis, Touaregs, Passats mit deutlichen Unfallspuren. ?Die Bulgaren haben ein aufbrausendes Wesen und sind entsprechend schlechte Autofahrer?, sagt ein Mitarbeiter. Sie haben aber auch Humor. Das erste Mal in diesen drei Tagen präsentiert sich ein Team mit Selbstironie. Um Verständigungsschwierigkeiten vorzubeugen, heißt es im selbstproduzierten Porsche-Landesportrait, müsse man wissen, dass ein Bulgare Nein meint, wenn er nickt. Würdet ihr einen Porsche fahren wollen, werden zwei Mädchen gefragt, die daraufhin wild lachend ihre Köpfe schütteln.
Am dritten Tag meiner persönlichen Osterweiterung erscheint mir Bulgarien fremder als Serbien und Rumänien. Auf Kyrillisch kannst du als Österreicher nicht einmal einen Fußpfleger von einem Leichenbestatter unterscheiden. Roman Bujna tut sich da leichter, der gebürtige Slowake hatte Russisch in der Schule, was ihm als Geschäftsführer von Porsche Sofia das Leben in den letzten drei Jahren enorm erleichtert hat.
Porsche Iztok wurde vorigen November eröffnet und steht ein gutes Stück östlich der Stadt. Als im Hinblick auf die guten Prognosen das Stichwort Expansion fällt, zeigt der Besucher fragend auf die weiten grünen Felder rundherum und muss erfahren, dass es kein verfügbares Fleckchen in der Umgebung mehr gibt. Alles schon verkauft, in zwei Jahren wird da jeder Quadratmeter verbaut sein, sagt Roman Bujna.
Herr Nicolov ist eine entsprechend wichtige Person. Der joviale, voluminöse Mann ist der Immobilienbeauftragte von Porsche. Er sucht und findet einwandfreie, preislich leistbare freie Bauflächen. Herr Nicolov begleitet uns in die österreichische Botschaft, wo die Reisegruppe noch mit dem bulgarischen Verkehrsminister zusammentrifft, der kurz und etwas widerwillig über die Ausbaupläne des bulgarischen Straßennetzes referiert. Dann verschwindet der Politiker ohne Abschiedsworte in den Freitagnachmittag. Die Delegation besteigt den Bus zum Flughafen, begleitet von ein paar Porsche-Mitarbeitern, die heim zur Familie wollen. Auch Herr Nicolov fährt ins Wochenende. In seinem Phaeton. Eine südliche Route bis 2009 also, die Schnellstraße nach Vidin bis rechtzeitig zur Brückeneröffnung 2010, und ein Ring um Sofia wird bis 2015 fertig sein.
Von Susanne Hofbauer
u kratkom prevodu sto se tice nase zemlje:
mnogo veca ocekivanja za rad sa auto industrijom,mnogo bolja infrastruktura(beograd),veca teznja za eu zakonima,bolje trziste,ocekivanje da ce da posao sa prodajom auta da procveta jer je kao primer navedeno sta je sve na sajmu prodato i to od luksuznih automobila...uglavnom mnogo bolje stanje i od rumunije i od bugarske
normalno kao paralelu navode uvek politicke razloge zasto srbija jos uvek nije u eu(haag,kosovo)ili bolje reci sargarepa
komentari u vezi naseg zakona o lizingu automobila,ali i saglasnost da se neki poslovi u senci moraju isterati na videlo..
uglavnom stice se utisak da je pogled austrije na srbiju za sada pozitivan sto se tice auto industrije u mogucnosti ulaganja,cak je navedeno da od 1,5 milion od auta u srbiji prosek starosti je 15 godina(hvala stanovnicima Sapca i okoline)...i recenica koja na kraju tuce sve ono sto je napisano -planirani ulazak srbije u eu-2014 godine...
poz
miki
So geht das: Mittwoch Belgrad, Donnerstag Bukarest, Freitag Sofia. Sondieren nennen das die einen. Pendeln die anderen. Früher hieß das reisen. Der große Reiseschriftsteller Patrick Leigh Fermor brauchte für seinen Weg von Wien ans Eiserne Tor beinahe ein halbes Jahr. Das war 1934 und der Mann ging in der Hauptsache zu Fuß, weil es ihm die beste Art schien, Leute und Geschichte der Gegenden kennenzulernen.
Heute ist alles anders. Freitagabend einen Flug nach Wien kriegen zu wollen ist etwa so schwierig wie Weihnachten in der Karibik an eine aktuelle Kronen Zeitung zu kommen. Am Balkan ist Österreich eine Art Wirtschaftsmacht. In den Neo-EU-Ländern Bulgarien und Rumänien sind wir der größte Auslandsinvestor, aber auch Serbien, das hofft, bis 2014 zum Europa-Club zu gehören, wird bereits eifrig erschlossen.
Mittwoch, zehn Uhr Vormittag. Aus dem Flugzeug erkennt man Belgrad als eine Stadt am Zusammenfluss zweier Ströme. Die Donau der eine, die Save der andere. Wer gar nichts über die Stadt weiß, hat jetzt ein erstes Bild. Am Flughafen dann das zweite: Es ist nichts los hier, eine Aeroflot-Maschine steht am Terminal, sonst herrscht gespenstische Ruhe. Serbien ist ein isoliertes Land, und solange sich die politische Lage nicht stabilisiert, der Kosovo-Konflikt geklärt wird und Den Haag bekommt, was es will, wird sich daran nichts ändern.
Die Idee mit dem Balkan-Kurztrip kam aus Salzburg. Die Porsche Holding ist seit 1990 im ehemaligen Ostblock tätig, mit Ungarn machte sie den ersten Schritt, die Rumänien-Geschäfte starteten vor zehn Jahren, die Niederlassungen in Sofia und Belgrad gibt es seit 2004. Jetzt ist es Zeit, eine goldene Zwischenbilanz zu präsentieren (siehe Kasten Seite 111) und zu zeigen, womit man es in den Märkten eigentlich zu tun hat.
Mit rechtlich teilweise arg undurchsichtigen Situationen zum Beispiel, mit Immobilienpreisen, die über Nacht in den Himmel schießen, mit viel Bürokratie, aber auch mit einem gigantischen automobilen Nachholbedarf: Die 1,3 Millionen Fahrzeuge in Serbien etwa sind durchschnittlich 15 Jahre alt, in Rumänien haben ein Viertel der 1,5 Millionen Autos mehr als 20 Jahre am Buckel. Das bedeutet, es wird eine Lawine ins Rollen kommen, wenn die Leute erst einmal mehr Geld haben.
Und es geht schon los. Auf der Belgrader Automesse hat Porsche Beograd ADA, wie die Niederlassung in der Hauptstadt heißt, gerade 600 Audis, Porsches, VWs und Seats verkauft. Im Audi-Schauraum steht kein einziger Q7 mehr, und bei Porsche drüben sind sie froh, dass der Käufer seinen atlasgrauen Carrera erst Ende Mai abholen will, sie hätten sonst gar nichts herzuzeigen.
Natürlich gehen protzige Kisten gut. Es gibt immer Leute, die Geld haben, und vor allem die Bau- und Immobilienbranche wirft derzeit hohe Gewinne ab. Wie sauber die Geschäfte sind, danach fragt keiner. Der Audi Q7 jedenfalls ist derzeit ausverkauft, und seit Jänner sind ein Dutzend Porsches rausgegangen. Gerade eben wurde der Porsche Club Serbien gegründet, der allerdings nur jene als Mitglieder akzeptiert, die ihren Wagen bei Porsche direkt gekauft haben. 40 sind das mittlerweile.
Größere Stückzahlen machen natürlich VW und auch Seat (mit der spanischen Marke, die es bis vor zwei Jahren nicht gab in Serbien, läuft es sogar hervorragend). Das kommt, weil Porsche über die hauseigene Bank auch entsprechende Finanzierungsmöglichkeiten anbieten kann. Allerdings ändern sich die Gesetze dauernd. Vorigen Jänner wurde etwa ein neues Leasinggesetz erlassen, das besagt, dass Leasingraten nur mehr maximal ein Drittel des frei verfügbaren Nettoeinkommens ausmachen dürfen. Das ist eigentlich verrückt, denn bei einem offiziellen monatlichen Bruttolohn von durchschnittlich 300 Euro geht sich da praktisch gar nichts mehr aus. Aber die Regierung will so die Schattenwirtschaft ans Licht zwingen.
Beim vormittäglichen Treffen mit Milan Parivodic, dem amtierenden serbischen Wirtschaftsminister der national-konservativen Regierung Kostunica, sagte dieser stolz, dass in den letzten zwei Jahren über 200 Gesetze zur Stärkung der Wirtschaft erlassen wurden. Oft fällt auch das Wort Privatisierung, die sich im Fall von Zastava allerdings als harte Nuss erweist. Fiat ist an Bord, und GM soll kommen, aber der größte Teil des riesigen maroden Waffen- und Fahrzeug-Staatsbetriebs dümpelt tröge vor sich hin.
Der Jurist Parivodic, ein breitschultriger, muskulöser Mann im grauen Anzug, hat das überzeugte Auftreten eines Erfolgsmenschen, wenn er in perfektem Englisch von den Gästen Investitionen für sein Land fordert. Er verspricht dabei viel: Freihandelszonen, zehn Jahre ?tax-holiday?, reihenweise Privilegien. Serbien als Produktionsstandort, das ist der Deal. ?Handel bringt unserem Land nichts?, kommentiert er hingegen nüchtern die Misere, dass für einen Verkaufsbetrieb in Belgrad pro Quadratmeter 300 Euro Kommunalgebühren zu bezahlen seien.
Abends fahren wir ein Stück die Save flussaufwärts. Unter den fünf Brücken durch, die die renovierungsbedürftige Altstadt mit der schicken, aufstrebenden Neustadt verbinden. Der Verkehr kommt an den Brückennadelöhren täglich zum Erliegen. Die sechste Brücke der Stadt über die Donau bringt auch keine Erleichterung. Jetzt soll zu allem Überdruss auch noch eine der Save-Brücken renoviert werden, was für die nächsten Jahre bei der rasant steigenden Zahl an Autos ein heilloses Chaos verspricht. Und bis zum erhofften EU-Beitrittsjahr sind es nur noch sieben Jahre.
Donnerstag, Bukarest. Während ich noch dabei bin, die Informationsbrocken vom Vortag zu einem erinnerungstauglichen Bild zusammenzusetzen, sind schon die Hände der nächsten Empfangsdelegation zu schütteln. Rumänien war vor acht Jahren dort, wo Serbien heute ist, sagt Johannes Sieberer, der Osteuropa-Boss der Porsche Holding, um beim Zeitsprung zu helfen. Wir sind hier nicht nur eine reale Stunde in die Zukunft gereist, sondern Jahre.
Der Verkehr in Bukarest ist höllisch. Auf der Hauptschlagader vom Flughafen in die Stadt, einer Straße, die nicht breiter ist als eine Dorfstraße, schleicht die Kolonne Richtung Zentrum. Die flughafennahen Grundstücke sind bereits unbezahlbar, wenn man denn überhaupt noch eines ergattert. Von 2000 Euro pro Quadratmeter ist die Rede. Die Stadt will den unerschlossenen Süden von Bukarest durch einen Inlandsflughafen beleben. Noch kostet der Quadratmeter am anderen Ende der Stadt christliche 50 Euro. Bis der dringend benötigte Stadt-Autobahnring 2012 fertig sein wird, hat sich das vermutlich längst geändert.
Auf den ersten Blick macht Bukarest den Eindruck, Rumänien sei auf dem Weg in die EU schon weit gekommen. In der Hauptstadt gibt es Wohlstand, jeder hat Arbeit, jeder Zweite ein Auto, und dass der langsame Verwaltungsapparat mit dem schnellen Wachstum nicht mithalten kann, ist ein Problem, das auch Ballungszentren in Westeuropa kennen.
Aber Bukarest ist nicht Rumänien. Das Land ist arm. 40 Prozent der Bevölkerung leben laut UN-Statistik von weniger als drei Euro täglich, da ist an ein Auto nicht zu denken. Und so belegt das Land im europäischen Fahrzeugdichte-Ranking den traurigen vorletzten Platz vor Albanien: Auf 1000 Rumänen kommen nur 145 Autos (Serbien: 190; Bulgarien: 245; Österreich: 560), und für die brauchte man bisher nicht wirklich Autobahnen zu bauen.
Ein Versäumnis, das man jetzt im Eiltempo nachzuholen versucht. 2500 Kilometer Autobahn sollen in den nächsten sechs Jahren gebaut werden, 500.000 Arbeitskräfte werden dafür gebraucht, die aus Pakistan, China und den Philippinen kommen. Dabei wurde in diesem Plan eine absehbare Entwicklung nicht miteinberechnet: Bis vor fünf Monaten floss der Transitverkehr in die EU von der Türkei und Bulgarien weiter nach Serbien und Kroatien. Jetzt biegt der Strom hinter Sofia nach Rumänien ab, weil der Weg durch EU-Gebiet ohne Zollformalitäten abläuft. Das Problem: Über die Donau, die fast zur Gänze die Grenze zwischen Rumänien und Bulgarien ausmacht, gibt es nur eine einzige Brücke, und die liegt südlich von Bukarest, also in entgegengesetzter Richtung zum Transitstrom. Derzeit wursteln sich die Lkw-Kolonnen über kleine Straßen durchs Hinterland und setzen vom bulgarischen Vidin per Schiff nach Calafat über. 2010 wird es eine Brücke geben, einen Plan für eine Autobahnzufahrt gibt es auf keiner Seite.
Das Wirtschaftswachstum liegt momentan bei acht Prozent. Was sagt das über das Land am Schwarzen Meer? Dass du es weit bringen kannst, mit guter Ausbildung und entsprechendem Ehrgeiz. Die PR-Lady von Porsche etwa ist Ende zwanzig und hält nebenbei Vorlesungen an der Uni. Und Günter Seifert, einer der Geschäftsführer von Porsche Romania, musste kürzlich einer Mitarbeiterin nachgerade zur Kündigung raten, weil das Angebot, das sie von der Konkurrenz bekommen hatte, unverschämt gut bezahlt war. Den Abgängern aus der hauseigenen Lehrwerkstätte könne man generell nur schulterzuckend nachschauen, sagt wiederum der Ausbildungsleiter, weil eben andere mit ersparten Ausbildungskosten bessere Gehälter zahlen und in Rumänien wenig Rechte für Arbeitgeber existieren.
Bildung, das ist einer jener Bereiche, in dem auch Calin Popescu Tariceanu großen Nachholbedarf sieht. Und im Gesundheitswesen, in der Landwirtschaft und am Infrastruktur-Sektor. Während der Ministerpräsident in einer Tasse Tee mit Honig rührt, spricht er davon, dass der EU-Beitritt ein Riesenaufwand gewesen sei, es jetzt aber erst so richtig losgehe. Rumänien müsse in den nächsten zehn Jahren schneller wachsen als die anderen, was harte Arbeit, aber durchaus zu bewerkstelligen sei. Dazu müssen die drei Millionen Auslandsrumänen unbedingt wieder ins Land geholt werden, sagt er, die haben Geld und eine andere Sicht auf die Dinge. Tariceanu hat eine angenehm ruhige staatsmännische Art, und er redet Tacheles. Das macht ihn als Politiker sympathisch. Und dann erfährt man am Rande auch noch etwas über den Menschen: Beim Hinausgehen fragt einer der Besucher leise, ob man Tariceanus leichtes Hinken bemerkt hätte. Der Ministerpräsident habe vor einiger Zeit einen Unfall gehabt, und wissen Sie womit? Mit einer Harley!
Freitag. Im Flugzeug nach Sofia. Die Nacht war schlimm. Albträume. Verirrt im Ceausescu-Palast. 13 Stockwerke, vier unter, neun über der Erde. Über 3000 Zimmer. Eine Million Kubikmeter Marmor. Teppiche groß wie Fußballfelder. Eichentüren, deren Angeln das Gewicht nicht tragen können. Eine Architektur von unvorstellbarer Hässlichkeit. Und achtzehn Jahre nach dem Tod des grausamen Diktators bauen sie immer noch dran.
Der Geist quillt über, der Speicher ist längst voll, aber da nähern wir uns schon dem nächsten Land, der nächsten Stadt: Sofia. Herrlich einerseits die schneebedeckte Bergkulisse, schauderlich andererseits das giftige Stahlwerk am Stadtrand, das vor kurzem erst vom indischen Mittal-Konzern gekauft wurde. Aber wie soll es Umweltschutz geben, wenn es dem Land am Notwendigsten fehlt.
Auch Bulgarien gehört seit Anfang des Jahres zur EU, steht allerdings unter strenger Beobachtung, weil Gesetze hier oft das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt wurden. Richtlinien sind das eine (und die wurden tatsächlich den EU-Anforderungen angenähert), die Realität schaut aber anders aus. Bulgarien wird sich Mühe geben, schließlich stehen sechs Milliarden Euro Fördergelder auf dem Spiel.
Den Weg in die Stadt säumen endlose Gebrauchtwagen-Plätze. Bulgarien gilt zu Recht als eine gefürchtete Endstation für viele Fahrzeuge aus dem Westen, egal welchen Weg sie hierher genommen haben. Typenscheine kann man sich dem Vernehmen nach immer noch bei der Polizei kaufen, wenn die Gesetze endlich greifen, wird das jedoch nicht mehr so einfach sein.
Nicht alles aber, was man sich über Bulgarien erzählt, ist wahr. Das in westlichen Medien gestreute Gerücht etwa, der Staat habe 32 Porsche Cayenne als Ambulanz-Wagen gekauft, ist eine Ente, sagt Porsche Bulgaria. Cayennes würden wirklich eine schiefe Optik ergeben, aber der Ankauf von robusten SUVs für so einen Einsatz wäre durchaus nachvollziehbar. Die Straßen außerhalb Sofias sind in einem bemitleidenswerten Zustand. Seit kurzem wird deshalb eine jährliche Maut von 30 Euro von jedem eingehoben, der die Stadt verlässt. Ohne dass sich die Zahl der Schlaglöcher draußen jedoch dramatisch verringert hätte. Weshalb ein paar Ausgefuchste auf die Idee gekommen sind, nach Überlandunfällen Regressansprüche zu stellen. Seither stellt die Polizei erst einmal ungeschaut einen Strafzettel wegen Schnellfahrens aus, wenn einer im Graben liegt.
In der Werkstatt bei Porsche Iztok stehen viele Audis, Touaregs, Passats mit deutlichen Unfallspuren. ?Die Bulgaren haben ein aufbrausendes Wesen und sind entsprechend schlechte Autofahrer?, sagt ein Mitarbeiter. Sie haben aber auch Humor. Das erste Mal in diesen drei Tagen präsentiert sich ein Team mit Selbstironie. Um Verständigungsschwierigkeiten vorzubeugen, heißt es im selbstproduzierten Porsche-Landesportrait, müsse man wissen, dass ein Bulgare Nein meint, wenn er nickt. Würdet ihr einen Porsche fahren wollen, werden zwei Mädchen gefragt, die daraufhin wild lachend ihre Köpfe schütteln.
Am dritten Tag meiner persönlichen Osterweiterung erscheint mir Bulgarien fremder als Serbien und Rumänien. Auf Kyrillisch kannst du als Österreicher nicht einmal einen Fußpfleger von einem Leichenbestatter unterscheiden. Roman Bujna tut sich da leichter, der gebürtige Slowake hatte Russisch in der Schule, was ihm als Geschäftsführer von Porsche Sofia das Leben in den letzten drei Jahren enorm erleichtert hat.
Porsche Iztok wurde vorigen November eröffnet und steht ein gutes Stück östlich der Stadt. Als im Hinblick auf die guten Prognosen das Stichwort Expansion fällt, zeigt der Besucher fragend auf die weiten grünen Felder rundherum und muss erfahren, dass es kein verfügbares Fleckchen in der Umgebung mehr gibt. Alles schon verkauft, in zwei Jahren wird da jeder Quadratmeter verbaut sein, sagt Roman Bujna.
Herr Nicolov ist eine entsprechend wichtige Person. Der joviale, voluminöse Mann ist der Immobilienbeauftragte von Porsche. Er sucht und findet einwandfreie, preislich leistbare freie Bauflächen. Herr Nicolov begleitet uns in die österreichische Botschaft, wo die Reisegruppe noch mit dem bulgarischen Verkehrsminister zusammentrifft, der kurz und etwas widerwillig über die Ausbaupläne des bulgarischen Straßennetzes referiert. Dann verschwindet der Politiker ohne Abschiedsworte in den Freitagnachmittag. Die Delegation besteigt den Bus zum Flughafen, begleitet von ein paar Porsche-Mitarbeitern, die heim zur Familie wollen. Auch Herr Nicolov fährt ins Wochenende. In seinem Phaeton. Eine südliche Route bis 2009 also, die Schnellstraße nach Vidin bis rechtzeitig zur Brückeneröffnung 2010, und ein Ring um Sofia wird bis 2015 fertig sein.
Von Susanne Hofbauer
u kratkom prevodu sto se tice nase zemlje:
mnogo veca ocekivanja za rad sa auto industrijom,mnogo bolja infrastruktura(beograd),veca teznja za eu zakonima,bolje trziste,ocekivanje da ce da posao sa prodajom auta da procveta jer je kao primer navedeno sta je sve na sajmu prodato i to od luksuznih automobila...uglavnom mnogo bolje stanje i od rumunije i od bugarske

normalno kao paralelu navode uvek politicke razloge zasto srbija jos uvek nije u eu(haag,kosovo)ili bolje reci sargarepa

komentari u vezi naseg zakona o lizingu automobila,ali i saglasnost da se neki poslovi u senci moraju isterati na videlo..
uglavnom stice se utisak da je pogled austrije na srbiju za sada pozitivan sto se tice auto industrije u mogucnosti ulaganja,cak je navedeno da od 1,5 milion od auta u srbiji prosek starosti je 15 godina(hvala stanovnicima Sapca i okoline)...i recenica koja na kraju tuce sve ono sto je napisano -planirani ulazak srbije u eu-2014 godine...
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miki
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